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Aeham Ahmad und Cornelius Hummel begeistern.
Nachgeholtes Flügel- und Cello-Konzert "Connecting Cultures" in der Dorper Kirche.
Die Dorper Kirche mit ihrem Flügel ist für den syrisch-palästinensisch-deutschen Pianisten Aeham Ahmad so etwas wie sein zweites Wohnzimmer. Schon mehrfach hat er seit seinem ersten umjubelten Konzert Anfang 2019 in Dorp und in Solingen konzertiert. Am Sonntag trat er nun zusammen mit dem Cellisten Cornelius Hummel aus Wiesbaden vor knapp 100 Zuhörerinnen und Zuhörern auf. Mit „Connecting Cultures“ spielten die beiden Musiker das Konzert, das eigentlich schon für März 2020 geplant war und das wegen der Coronapandemie mehrfach verschoben werden musste.
Kantorin Stephanie Schlüter erinnerte in ihrer Begrüßung an die Sängerin Joy Fleming, die 1975 mit der Komposition „Ein Lied kann eine Brücke sein“ beim Europäischen Songcontest ebenfalls eine Verbindung zwischen Menschen durch die Musik versucht hatte. In dieser Tradition sieht auch Cornelius Hummel den Auftritt mit Aeham Ahmad: „Wir hoffen, dass die Menschen sich über die Kultur verbinden können.“
Mehr als eine Stunde brennen die beiden Musiker ein Feuerwerk an improvisierten Klängen ab, die zumeist aus der Musik von Aeham Ahmad bestehen, der das Leiden der Menschen an dem Krieg in seiner syrischen Heimat und vor allem in Damaskus besingt. Nachdenklich sind die Klänge in der ersten Hälfte des Konzerts, fast wehmütig, wenn der studierte Konzertpianist Aeham Ahmad und der ehemalige Cellist des Staatstheaters Wiesbaden Cornelius Hummel einzelne Melodien aufgreifen und miteinander frei improvisieren. Für beide ist es ein Abenteuer, bekennt Cornelius Hummel, wo sie am Ende eines Stücks auskommen, ob bei Ahmads berühmtem, virtuosen Stück „In Damaskus“ oder wenn der Cellist Hummel eine arabische Melodie vom Notenblatt spielt und Ahmad am Flügel frei improvisierend begleitet. Beide Musiker harmonieren hörbar miteinander, haben erkennbar Freude am Miteinander in der Musik.
Dennoch ist der Krieg in Syrien und auch der in der Ukraine immer präsent. „Es hat sich nicht viel verändert“, sagt Cornelius Hummel mit Blick auf beide Länder. Rebekka Nicolini erinnert mit einem kurzen Ausschnitt aus dem Buch „Ich bin das Mädchen aus Aleppo“ an Bana Alabad, die mit sechs Jahren auf dem Handy der Mutter auf dem Nachrichtendienst Twitter über den Krieg in Syrien schrieb und später zusammen mit der Mutter ein Buch verfasste.
Cornelius Hummel spielt hochkonzentriert und lässt in der Dorper Kirche die warme Note seines Cellos erschallen. Aeham Ahmad konzertiert auf dem Dorper Flügel mit sichtbarer Spielfreude. Kraftvoll greift er in die Tasten und weiß um die Freude der Zuhörer, wenn er in einer Improvisation unerwartet bei Beethovens „Freude schöner Götterfunken“ landet und sich der berühmte Appell an die Menschlichkeit mit arabischen Klängen abwechselt. Oder wenn das Spiel der beiden am Schluss des gut einstündigen Konzerts in „Die Gedanken sind frei“ einmündet, aus einem Fingerspiel an Melodieanfängen heraus unerwartet sich die berühmte Melodie der Freiheit schält, was auch Cornelius Hummel zum Schmunzeln bringt.
Fast wehmütig, besonders hervorgehoben durch das Cello, dann die Zugabe „Yarmouk“, bei der Aeham Ahmad die Zuhörer zum Mitsummen der Melodie auffordert – ein Trauerlied auf eine untergegangene, zerbombte, verlorene Heimat. Und doch steht Hoffnung in Aeham Ahmads Mimik, der mit seinen drei Kindern selbst ein Hoffnungszeichen in die Welt gebracht hat. Rebekka Nicolini zitiert aus dem Text von Susanne Niemeyer „Sie stirbt zuletzt“, dass die Hoffnung einen in ein Land führt, das man sich nicht hätte träumen lassen.
Am Ende des Konzerts gibt es stehende Ovationen von den Besuchern in der Dorper Kirche für ein faszinierendes Improvisationskonzert, bei dem durch die Kollekte am Ausgang noch 1000 Euro für die Ukrainehilfe des Diakonischen Werks Solingen zusammenkommen. Man darf gespannt sein, wann Aeham Ahmad das nächste Mal in die Dorper Gemeinde kommt. Es wird wieder ein musikalischer Genuss werden!
Zum Bericht des Solinger Tageblatts von Jutta Schreiber-Lenz vom 4.5.2022: https://www.solinger-tageblatt.de/solingen/beruehrender-auftritt-in-der-dorper-kirche-91519506.html
Dr. Marcus Nicolini
Marcus Nicolini / Judith Erbe