„Wunder von Dorp“ veränderte eine Gemeinde.

Im ST-Rätsel in der Reihe „Das historische Foto“: Vor rund 20 Jahren stand die Zukunft der baufälligen Dorper Kirche auf der Kippe. Großes ehrenamtliches Engagement sicherte den Fortbestand des Gotteshauses.

Von Manuel Böhnke

Dass Menschen sich auf dem historischen Foto im ST [Solinger Tageblatt] entdecken, kommt eher selten vor. Aber manchmal eben doch. „Schon lustig, wen man sich nach 20 Jahren im Tageblatt wiederfindet“, schreibt Stefan Schmitz. Auf dem Bild ist festgehalten, wie er Anfang 2005 hilft, Bänke aus der Dorper Kirche zu tragen. Der Solinger war einer der vielen Engagierten, die dazu beigetragen haben, dass das Gotteshaus in seiner heutigen Anmutung existiert.

Randolf Dinger erinnert an die Geschichte des 1914 eröffneten Bauwerks. Während des Zweiten Weltkriegs schwer beschädigt, 1952/53 wiederaufgebaut. Knapp 50 Jahre später der Schock: das Denkmal, ein Sanierungsfall. „Eigentlich wollten wir die Kirche nur etwas modernisieren“, blickt Klaus Hoffmann zurück. Doch während der Kostenermittlung stellten die Architekten massive Schäden an der Dachkonstruktion fest. Um sie zu beheben, sollten rund 1,6 Millionen Euro anfallen – die Gemeinde konnte maximal die Hälfte aufbringen.

Woher Hoffmann das so genau weiß? Er war bis zu seiner Verabschiedung 2019 mehr als 30 Jahre lang Pfarrer der Gemeinde. Auch Joachim Römelt, bis heute der Geistliche in Dorp, ist die Ungewissheit der früher 2000er Jahre noch präsent: die Gemeindeversammlung, in der das Aus der Kirche abgelehnt wurde, die Suche nach Lösungen, die Gründung der Initiative „Rettung der Dorper Kirche“ sowie einer Bürgerstiftung. Nicht nur finanzielle Unterstützung war notwendig, sondern auch Tat- und Muskelkraft. „Ehrenamtliche waren bereit, Ausräumen und Abrissarbeiten zu übernehmen“, schreibt Hoffmann. Im Laufe der Zeit übernahmen die 30 Freiwilligen immer mehr Aufgaben. Unter Leitung von Heinz Rabenschlag beseitigten sie Schutt, stemmten Mauerdurchbrüche, verlegten Kabel. „Alles Dinge, die nicht von Fachfirmen geleistet werden mussten“, betont Stefan Schmitz. Ein Knochenjob, wie Albert Stadtfeld bestätigt: „Hatte nach jedem Einsatz Muskelkater.“ Hoffmann zufolge lag der Gesamtwert der Maßnahme inklusive Eigenleistungen bei mehr als zwei Millionen Euro. Dieses Engagement und viele Spenden ermöglichten 2007 das „Wunder von Dorp“: die Wiedereröffnung des Gotteshauses.

„Der ganze Sanierungsprozess hat unser Gemeindeleben verändert“, betont Joachim Römelt. Bis heute wirke sich der Einsatz vieler für „ihre Kirche“ aus, neue Angebote seien entstanden. Silke Evertz pflichtet ihm bei. Für sie ist die Dorper Kirche „ein Sinnbild für Gemeinschaft – nicht nur in Glaubensfragen“. Die „unglaubliche Hilfsbereitschaft“ (Joachim Römelt) vor 20 Jahren belegt das eindrucksvoll: „Bis heute staune ich über diesen Weg, den wir damals gegangen sind. Und bis heute weitergehen.“

Mit diesem Foto hatte das ST kurz vor Weihnachten 2024 im Rätsel "Das historische Foto" nach der Dorper Kirche gesucht.

Die korrekte Lösung [des historischen Fotos] wussten auch: Jürgen Fischer, Norbert H. Posthum sowie Angelika und Hans-Peter Pollmann – sie wurden am 23. Dezember 1981 von Jaan Bruus in Dorp getraut. Übrigens: Die dunklen Bänke, die Stefan Schmitz und Co. Anfang 2005 aus der Kirche getragen haben, kehrten nicht dorthin zurück. Einzelne Exemplare existieren aber noch, weiß Franziska Kerkenberg. Schmitz‘ Tochter berichtet: „Eine von den Kirchenbänken haben damals unsere Freunde erworben. Sie steht bis heute in deren Esszimmer.“

(Copyright: Solinger Tageblatt, 28.12.2024. Texte und Fotos aus dem Solinger Tageblatt sind urheberrechtlich geschützt. Weiterverwendung nur mit schriftlicher Genehmigung der Redaktion. – Mit freundlicher Genehmigung des ST und des Autors)

Manuel Böhnke, Solinger Tageblatt

Christian Beier (ST), Screenshot