„Der Mensch lebt nicht vom Brot allein“.

Pfarrer Jo Römelt zieht Bilanz aus der „Soul-Food-Kitchen“, der „Imbiss“-Werkstatt beim „KIRCHEnMORGEN“ an Pfingsten.

Gemeinsames Essen kann an sich schon eine geistliche Erfahrung sein. Am besten im Kreis von lieben Menschen und im stimmungsvollen Rahmen. Jesus macht uns das bei seinen zahlreichen Mahlzeiten vor. Und im Abendmahl besonders. Wir Menschen leben dabei „nicht vom Brot allein“. Und gerade heute stellt sich die Frage: Was nährt unsere Seele? Was macht uns wirklich satt – und nicht nur voll? Was können wir als Gemeinden uns und anderen da geben? Wie müssen die „Speisekarten“ und die Kultur unserer Gemeinden aussehen, damit Menschen etwas finden, was ihren Hunger wirklich stillt?

Darüber wurde in der Werkstatt „Imbiss“ im Rahmen der Pfingstwerkstatt „KIRCHEnMORGEN“ in Solingen nachgedacht. Ein Team von sechs engagierten Menschen aus Rupelrath, Dorp und Wuppertal hatte ein „Menü“ zusammengestellt, das zum einen intensives Nachdenken

Der "Imbiss"-Workshop fand in der Dorper Kirche statt

und Diskutieren beinhaltete, zum anderen aber auch selbst gute Nahrung für die Seelen der Teilnehmenden anbieten sollte. Und das auf unkonventionelle Weise und in enger Zusammenarbeit zwischen zwei guten Nachbarn: dem Gasthaus Schaaf und der Dorper Kirche. So wurden in der Kirche – ganz praktisch – Kartoffeln geschält, die Gastwirt Philipp Müller im Gasthaus Schaaf zu einer köstlichen Kartoffelsuppe verarbeitete. Im Biergarten des Schaaf wiederum wurde gesungen und gebetet.

Zur Einstimmung des Tages luden Jugendliche in Rupelrath zum Worship ein. Ein Anspiel und ein Impuls erinnerten an Gottes Gastfreundschaft und seine Freude daran, uns das Leben randvoll einzuschenken – und gleichzeitig an ein „Gasthaus Gemeinde“, in dem die Plätze allzu oft reserviert sind. Und neue Gäste oft erst einmal nicht unbedingt das Gefühl haben, gesehen zu werden und willkommen zu sein.
„Wo habe ich bei Kirche schon mal schlecht gegessen?“
Anschließend daran kamen die ca. 35 Teilnehmenden am Samstag über die Frage ins Gespräch: „Wo habe ich bei Kirche schon mal schlecht gegessen?“ Also schmerzhafte oder verletzende Erfahrungen mit Kirche gemacht? Die oft fehlende Willkommenskultur, die Erfahrung, sich nicht einbringen zu können, das Erleben von Gottesdiensten ohne echten Bezug zum eigenen Leben und manches mehr kam dabei zur Sprache. Auf die „Speisekarte“ der Kirche von morgen wurde z.B. geschrieben: mehr Lebensnähe, mehr niederschwellige Angebote, Kontaktaufnahme zu den (bei Lektüre am PC-Desktop: Fortsetzung nächste Spalte oben)

Menschen bei bisher ungewöhnlichen Gelegenheiten (z.B. Glückwünsche nicht nur zum 80., sondern zum 18. Geburtstag), eine verständlichere, lebensnahe Sprache, ein offenes Auge für die Menschen, denen wir begegnen. Und: nicht nur Gasthaus vor Ort sein, sondern sich als „Foodtruck“ zu den Menschen aufmachen, wo sie gerade sind.

Nach dem Mittagessen im Schaaf ging es zum Auftanken in die bezaubernden Gärten von Blumen Ulbrich gleich nebenan. Auch der Anblick eines schönen Gartens ist buchstäblich Nahrung für die Seele. Und motivierte die anwesenden Konfis, eine Runde Lieder am Teich zu singen. Um die Wirkung von geschriebenen und gesprochenen Worten ging es in der Einheit, zu der Gastwirt und Journalist Philipp Müller anschließend wieder in sein Lokal einlud. Aus seiner Erfahrung als Redakteur einer Solinger Zeitung kam er mit der Werkstattrunde über die Kraft ins Gespräch, die Worte im Positiven wie im Negativen entwickeln können. Auch davon kann Kirche für die Zukunft das eine oder andere lernen. Kein Zufall, dass Müller mit einem Zitat aus Johannes 1 begann: „Am Anfang war das Wort“.

Beim anschließenden „Vier-Gänge-Menü“ in der Kirche wurden die Erkenntnisse des Tages gesammelt, noch einmal über den „Stallgeruch“ der Kirche nachgedacht (der manche Menschen als sehr vertraut anzieht, andere aber von Anfang an als fremd zurückstößt). Was würde ein Restauranttester wohl sagen, wenn er das schwächelnde Gasthaus Kirche beraten sollte? Höhepunkt und Hauptgericht des Menüs war die wunderbare Musik von Wrecia Ford und Paddy Zimmermann. Zu der noch einmal kräftig mitgesungen und -getanzt werden konnte. Völlig klar: Gerade auch Musik ist pure Seelennahrung. Und gehört in hoher Qualität auf jede Speisekarte der Kirche der Zukunft.

Eine Kirche, die selbst ganz aus ihrer Quelle lebt – dem Evangelium von Gottes bedingungsloser Liebe – und sich den Menschen aufmerksam, offen und ohne Berührungsängste zuwendet und Räume zur Begegnung schafft, wird auch in Zukunft als Gasthaus an den Lebenswegen der Menschen gebraucht werden und einladend wirken.

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Jo Römelt

kirchenmorgen.de