Das Solinger Frauenhaus als angstfreier Raum.

Martina Zsack-Möllmann sagt, wie von Gewalt betroffenen Frauen geholfen werden kann.

Der „Internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen“ am 25. November ist ein Aktionstag zur Bekämpfung von Diskriminierung und Gewalt jeder Form gegenüber Frauen und Mädchen. Für uns Anlass, die Arbeit des Solinger Frauenhauses vorzustellen. Unsere Gast-Autorin ist Martina Zsack-Möllmann, Geschäftsführerin des Trägervereins des Frauenhauses und früheres Dorper Gemeindemitglied. Mehr zum Aktionstag, den es seit 1981 gibt, finden Sie hier.

Von Martina Zsack-Möllmann

Der Verein Frauenhaus e.V. hat seit 1995 mit professionell ausgebildeten Mitarbeiterinnen und zahlreichen ehrenamtlichen Unterstützer:innen ein Hilfesystem für die psychosoziale Versorgung von Frauen und Kindern mit Gewalterfahrung in Solingen aufgebaut. Ob akute Notsituationen oder selbstbestimmtes Wohnen und Leben – der Verein bietet unterstützungsbedürftigen Frauen psychosoziale Beratung, Betreuung und Begleitung an. Nach dem Prinzip „Hilfe zur Selbsthilfe“ hat der Verein dort Unterstützungsprojekte auf die Beine gestellt, wo der Bedarf am größten ist.

Martina Zsack-Möllmann

Daher richtet sich das Frauenhaus Solingen an alle Frauen, die Gewalt erlebt haben oder von Gewalt bedroht sind, sowie an deren Kinder. Dies gilt unabhängig von Alter, Herkunft, Aufenthaltsstatus, finanziellen Möglichkeiten oder etwaiger Behinderung. Das Frauenhaus Solingen sieht sich der UN-Behindertencharta verpflichtet.

Das Frauenhaus steht grundsätzlich jeder Frau ab 18 Jahren und ihren Kindern offen, die von ihrem Mann, Partner, ihrer Partnerin, ihrem Vater, ihrer Mutter, Bruder oder Schwester, Nachbar oder Nachbarin (oder anderen) körperlich und/oder seelisch bedroht oder misshandelt wird.

Diese Türe öffent sich für alle schutzzuchenden Frauen.

Frauen mit körperlichen Behinderungen, chronischen Erkrankungen, psychischen oder geistigen Einschränkungen bzw. Lernbehinderungen und Suchterkrankungen werden aufgenommen, wenn sie sich selbständig versorgen können oder über eigene Assistenzpersonen verfügen und für sich oder andere keine Gefährdung darstellen.

Das Solinger Frauenhaus hat ein Haupthaus und eine Nebenstelle. Es gibt 14 Plätze für Frauen und bietet bis zu 20 Kindern Schutz und Zuflucht. Die Plätze sind in der Regel belegt. Es gibt aber immer ein Notfallzimmer. Die Aufnahme findet rund um die Uhr statt. Das Haupthaus wurde 2020 kernsaniert und ist barrierefrei.

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Zur Person:
Martina Zsack-Möllmann ist seit 2006 Geschäftsführerin des Frauenhaus Solingen e.V., wo wie bereits seit 1991 mitarbeitete. Die diplomierte Pädagogin und Traumatherapeutin ist verheiratet und hat eine Tochter und zwei Enkelkinder.

Im Frauenhaus leben in der Regel genauso viele Kinder wie Frauen, häufig sogar mehr Kinder als Frauen. Diese Kinder bringen ihre eigenen Erfahrungen von Gewalterlebnissen mit. Sie haben jahrelang die Misshandlungen ihrer Mutter miterlebt bzw. waren selbst unmittelbar körperlicher, seelischer oder sexueller Gewalt ausgesetzt. Kinder, die in Gewaltfamilien leben, sind immer Opfer der Gewalt.

Die meisten Kinder, die ins Frauenhaus kommen, wurden weder gefragt noch über ihre neue Lebenssituation informiert. Sie müssen neben dem Verlust der vertrauten Umgebung und ihres sozialen Netzes die Zerrissenheit zwischen den Elternteilen aushalten und sich an fremde Regeln und fremde Menschen anpassen. Trotzdem zeigen sich die meisten Kinder erleichtert, das familiäre Spannungsfeld hinter sich gelassen zu haben und erleben das Frauenhaus als angstfreien Raum.

Es reicht nicht aus, Kinder die im Frauenhaus leben, lediglich zu betreuen, um die Mütter zu entlasten. Wir verstehen die Arbeit mit den Kindern als parteiliche Unterstützung für sie und für die Entwicklung neuer Optionen für ein gewaltfreies Miteinander auch in Konfliktsituationen.

Um den Kindern einen Anker nach ihrem Aufenthalt im Frauenhaus mitzugeben, arbeitet der Verein Frauenhaus Solingen – über Spenden finanziert – seit diesem Jahr mit dem „Trost-Tiger“ der Dorper Sängerin Petra Berghaus. Jedes Kind, dass das Haus verlässt, bekommt einen solchen Trost-Tiger mit.

Um in Solingen vorhandene örtliche Versorgungslücken zu schließen, entwickelte der Verein Frauenhaus Solingen seine Angebote konzeptionell und räumlich weiter. So haben wir ein inklusives, generationsübergreifendes Wohnprojekt für Frauen, die von Wohnungslosigkeit bedroht werden, aufgebaut. Und der Verein entschied sich, ein Hilfsangebot für Frauen mit Behinderung für den Bereich „Betreutes Wohnen“ zu entwickeln.

Zusätzlich zum eigentlichen Frauenwohnprojekt hat der Verein aktuell zwei weitere Wohnkomplexe angemietet. Mit insgesamt 23 Ein- bis Zweiraumwohnungen und einem Bereich fürs Probewohnen bietet der Verein in Ohligs, Wald und Mitte ein attraktives Zuhause für von Gewalt betroffene Frauen an.

Die Geborgenheit in der Gruppe und die gelebte Nachbarschaft schaffen neue Lebensfreude und wirken gegen Einsamkeit und Isolation. So fühlen sich die Frauen wohl und geborgen und können gleichzeitig ein selbstbestimmtes und selbständiges Leben führen.

Spenden
Seit Jahren kämpft der Verein Frauenhaus e.V. für den Erhalt dieser wichtigen sozialen Einrichtung. Gerade jetzt benötigen wir dringend Ihre Unterstützung z.B. für:
– Ausstattung/Renovierung der Appartements und Küchen (Mobiliar, Bettwäsche, Handtücher, Hausrat, Erstausstattung)
– Betreuungsangebote wie Entspannung, Sport, Kunst und Selbstverteidigung
– Projekte mit den Kindern z.B. Kurse in Selbstverteidigung oder Selbstsicherheit

Herzlichen Dank für jede Spende!

Frauenhaus Solingen e.V.
Spendenkonto IBAN: DE40 3425 0000 0005 0660 06
Stadt-Sparkasse Solingen

Kontakt:
Das Frauenhaus ist zu jeder Tages- und Nachtzeit erreichbar. Eine Aufnahme ist rund um die Uhr möglich und erfolgt ausschließlich auf Wunsch der Frau. So nehmen sie Kontakt zum Frauenhaus auf: Unsere Notrufnummer: 0212-54500, Homepage Verein Frauenhaus

Lesen Sie zum Frauenhaus Solingen auch den aktuellen Beitrag von Simone Theyßen-Speich im Solinger Tageblatt vom 9.11.2023 (nur mit Abo)

Martina Zsack-Möllmann

Frauenhaus Solingen e.V. / privat