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Freunde sind Gottes Entschuldigung für unsere Verwandten.
Friederike Schmid hat sich Gedanken über Freundschaft und Verwandtschaft gemacht.
Ich weiß nicht mehr, wo ich diesen Satz in der Überschrift das erste Mal gehört habe. Aber ich erinnere mich, dass ich laut gelacht habe.
Es war damals keine gute Zeit mit meiner Familie. Ich hatte mich ziemlich übel mit meiner Mutter gestritten und wir hatten über Wochen keinen Kontakt. Weil wir die Vorwürfe und das gegenseitige Anschreien nicht mehr ertragen haben.
In diesen Wochen ging es mir nicht gut. Neben dem Streit war mein Kalender voll. Jedes Wochenende war irgendein wichtiger Termin, ich war ständig unterwegs und daneben habe ich auch noch studiert. Aber ich erinnere mich auch daran, dass meine Freunde mich alle paar Tage nach den Vorlesungen abgegriffen und in irgendeine Kneipe geschleift haben, um mir ein Glas Wein und ein offenes Ohr aufzunötigen.
So ähnlich stelle ich mir das vor, wenn Jesus mit seinen Jünger*innen unterwegs ist. Da kennt keiner den anderen von klein auf. Und trotzdem ist ein Vertrauen unter ihnen, das mit Worten kaum zu beschreiben ist. Sie sind Freunde, aber gleichzeitig sind sie mehr als das. Sie sind sich gegenseitig Heimat. Sie gehen gemeinsam durchs Leben, mit allen Höhen und Tiefen. Sie sind Familie. Nicht durch Blutsverwandschaft, sondern weil sie es so wollen.
Unter Christ*innen merkt man das manchmal bis heute. In meiner alten Kirche fing jede zweite Rede an mit „liebe Brüder und Schwestern“. Verstanden habe ich das damals nicht. Aber das ist die Idee, mit der Jesus op Jück gewesen ist: Im Glauben an Gott finden wir eine neue Heimat. Wir bekommen eine neue Familie.
Es klingt hart, wie Jesus darüber spricht.
Als seine eigene Familie ihn sucht und mit ihm reden will, sagt er: „Wer ist meine Mutter, und wer sind meine Geschwister?“ Dann zeigte er auf seine Jünger: „Das hier sind meine Mutter und meine Geschwister. Denn wer den Willen meines Vaters im Himmel tut, der ist für mich Bruder, Schwester und Mutter!“ (Matthäus 12, 48-50)
Gerade in Europa, wo die engste Familie so wichtig ist, sorgt es meistens erstmal für betretenes Schweigen, wenn das Thema auf das schlechte Verhältnis zur Familie kommt. Und trotzdem: Mich hat es damals sehr getröstet, dass es mehr gibt als meine Familie. Freundschaft war das Band, das mich zusammengehalten hat, als meine Familie nicht für mich da sein konnte. Und dafür werde ich meinen Freunden immer dankbar sein. Sie haben eine Heimat geschaffen, die ich alleine nie hätte bauen können. Und das alles nur, weil wir uns zufällig in der Uni über den Weg gelaufen sind.
Mit der Kirche ist das ähnlich. In jedem Gottesdienst, in jedem Kreis, den ich besuche, betrete ich einen Raum voller Fremder, die meine Familie sein können. Die mich aufnehmen, egal, wo ich herkomme. Natürlich klappt das nicht immer. Auch als Kirche sind wir nur Menschen, und unsere Willkommenskultur bleibt manchmal weit hinter dem zurück, was wir uns wünschen.
Dennoch ist uns genau das aufgegeben. Dass wir Gemeinschaft sind. Dass wir Freunde werden, die sich guten Gewissens als Brüder und Schwestern verstehen. Kinder Gottes, die füreinander da sind. So, wie auch Jesus und seine Jünger füreinander dagewesen sind. Nicht, weil sie mussten. Sondern, weil sie wollten.
Amen
Der Text von Friederike Schmid wurde zuerst als Leit-Text zum Heftmotto „Freundschaft“ im neuen Juli-Gemeindebrief „leben & erleben“ veröffentlicht, den Sie in diesen Tagen in Ihrem Briefkasten oder hier als PDF finden.
Friederike Schmid
privat / Susanne Hempel Pfarrbriefservice