Macht die Betriebsräte und Mitarbeitervertretungen stark!

Auch in Dorp sind Arbeitnehmer:innen aufgerufen bei kommenden Wahlen zu kandidieren und zu wählen. Zwei Dorper berichten von ihrer Personalarbeit.

Vom 1. März bis 31. Mai 2022 werden in Deutschland wieder Arbeitnehmervertretungen gewählt. In den meisten Betrieben heißen sie Betriebsräte (BR), in kirchlichen Einrichtungen Mitarbeitervertretungen (MAV). Sie gehören zur betrieblichen Mitbestimmung und vertreten die Interessen der Mitarbeiter:innen gegenüber dem Arbeitgeber. Zugleich sind BR und MAV für den Arbeitgeber die von der Belegschaft legitimierten Ansprech- und Verhandlungspartner in allen Personalfragen. Betriebsräte erhalten ihre besondere Stellung durch das Betriebsverfassungsrecht, das sicherstellt, dass die Räte in allen sozialen Belangen der Mitarbeiterschaft angehört werden müssen. In vielen Bereichen (Einstellung, Vergütung, Versetzung etc.) ist ihre Zustimmung unverzichtbar. Im Idealfall kann sich so eine Kultur der Betriebspartnerschaft entwickeln, die sich positiv auch auf das Betriebsklima auswirkt. https://www.ekd.de/okumenischer-aufruf-zu-den-betriebsratswahlen-71236.htm

Betriebliche Mitbestimmung und Sozialpartnerschaft sind für die evangelische wie die katholische Kirche Garanten für eine gelebte ökonomische und soziale Verantwortung in der Sozialen Marktwirtschaft. „Es ist unsere christliche Überzeugung, dass der Mensch stets Subjekt und nicht Objekt seiner Arbeit ist, und dass gute Arbeit zur Würde des Menschen als Person gehört“, schreiben die Ratsvorsitzende der Ev. Kirche in Deutschland, Präses Annette Kurschus, und der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Georg Bätzing, in ihrem Aufruf zum Start der Betriebsratswahlen in wenigen Tagen. „Als christliche Kirchen unterstützen wir, dass sich die gewählten Arbeitnehmervertretungen in den Betrieben für eine am Menschen orientierte, solidarische und gerechte Arbeitswelt engagieren.“ Die Kirchen rufen alle Beschäftigten in den Betrieben auf, sich an den Betriebsratswahlen 2022 zu beteiligen und ihren Arbeitnehmervertretungen den Rücken zu stärken.

„Stellen Sie sich auch selbst als Kandidatin und Kandidat für die Wahl zur Verfügung. Haben Sie Mut, insbesondere in jenen Betrieben einen Betriebsrat zu wählen, in denen bisher noch keine Arbeitnehmervertretung besteht.“

Auch in der Dorper Gemeinde gibt es Menschen, die sich – teilweise schon seit Jahren – im Betriebsrat bzw. in der Mitarbeitervertretung kirchlicher Einrichtungen ehrenamtlich engagiert haben. Zwei von ihnen berichten in den „Dorper Innenansichten“ von ihren Erfahrungen in Arbeitnehmervertretungen:

Jeannette Schnittert

Jeannette Schnittert ist in Dorp konfirmiert, singt seit 1995 in der Dorper Kantorei und ist dort auch seit vielen Jahren im Chorbeirat aktiv.

Warum kandidierst Du für die MAV?

Ich bin bereits seit 24 Jahren in der MAV und mir macht mein Amt mit den vielfältigen Aufgaben sehr viel Spaß. Ich unterstütze und begleite gerne Menschen und wirke bei Veränderungsprozessen mit. Ich organisiere gerne schöne Aktionen zur Wertschätzung der Mitarbeitenden und interessiere mich für die rechtlichen und politischen Hintergründe, die unsere tägliche Arbeit beeinflussen. Meine Stärken kann ich hier gut einsetzen.

Gibt es ein Ziel, das Du mit Deiner Kandidatur erreichen möchtest?

Wir werden das erste Mal eine MAV mit 13 Mitgliedern in der Diakonie Bethanien Solingen sein. Ich möchte die „Neulinge“ für die Arbeit begeistern und dass Jede und Jeder mit ihren/seinen Begabungen ihren/seinen Platz und Rolle in der MAV findet.

Die Diakonie Bethanien ist in den letzten Jahren sehr gewachsen, wir haben Einrichtungen in ganz NRW und deswegen eine Gesamt- MAV. Ich finde es wichtig, dass auch dort die Mitarbeitenden von uns „alten Hasen“ unterstützt werden sich einzufinden und Strukturen für sich aufbauen.

Wer mehr über die Aufgaben einer MAV wissen möchte, kann das im Mitarbeitervertretungsgesetz vom 01.01.2019 nachlesen.

Was hast Du mit Deinen Kolleginnen und Kollegen in der MAV erreichen können?

Das wichtigste ist, dass wir mit unserer Geschäftsführung und den verschiedenen Leitungen vertrauensvoll und auf Augenhöhe zusammen arbeiten. Wir müssen nicht immer einer Meinung sein und finden bei Problemen trotzdem immer gute Lösungen und Kompromisse. Das ist nicht selbstverständlich. Auf Fortbildungen bin ich immer wieder entsetzt, wie verhärtet die Fronten zwischen Arbeitgebern/ Personen in Leitungspositionen und Arbeitnehmervertretungen sein können.

Gibt es eine besondere Begebenheit in der MAV, an die Du besonders gerne zurückdenkst?

In den letzten 24 Jahren gab es viele. Einzelschicksale, die wir erfolgreich unterstützt und begleitet haben zählen dazu, aber auch viele gesellige Anlässe wie Mitarbeiterkurzurlaube auf Langeoog und zahlreiche Sommerfeste. Vor einem Jahr- im Lock Down- haben wir an alle 1.900 Mitarbeitende Schutzengel-Schlüsselanhänger mit einer Grußkarte verteilt und letzten Sommer haben alle MAV Mitglieder das 125 jährige Jubiläumsfest der Diakonie Bethanien für die Mitarbeitenden tatkräftig unterstützt. Ganz aktuell konnten wir einer langjährigen Mitarbeiterin, die wegen einer schweren Krebserkrankung befristet berentet ist, einen 450 €-Job mit leichten Bürotätigkeiten organisieren. Eine Win-Win Situation für beide Seiten.

Jeannette Schnittert ist seit 24 Jahren  MAV-Mitglied in der Diakonie Bethanien Solingen. Sie arbeitet mit einer 50 %-Stelle als Fachkraft und Teamleitung der sozialen Betreuung auf der Außerklinischen Intensivpflege. Für ihre Tätigkeit in der MAV ist sie mit weiteren 50 % von ihrer normalen Arbeit freigestellt.

Marcus Nicolini

Neun Jahre, bis Anfang 2019, war ich als direkt gewähltes Mitglied und zuletzt stv. Vorsitzender eines Betriebsrates einer international tätigen Stiftung in St. Augustin bei Bonn und Berlin tätig. Betriebsratsarbeit war tolle Teamarbeit, die mich sehr motiviert hat. Der vertrauensvolle Austausch im Kreis der Betriebsräte und dann auch das regelmäßige Gespräch mit der Personalabteilung waren wertvolle Erfahrungen, wie die Interessen der Arbeitnehmerschaft nicht unbedingt in Konkurrenz zu den Zielen der Geschäftsleitung stehen müssen. Das wurde besonders relevant, als es um die Verhandlungen des Sozialplans für den Betriebsumzug aus dem Rheinland nach Berlin ging. Damals hat der Betriebsrat für jede und jeden vom Umzug betroffenen Mitarbeiter gekämpft und versucht, auch in Einzelfällen eine familiengerechte Lösung zu finden. Gleichzeitig hatte der Betriebsrat auch die Bedürfnisse und Sorgen der von Baulärm und internen Umzügen geplagten Berliner Kolleg:innen im Blick.

Der Austausch mit der Personalabteilung war deshalb besonders erfolgreich, weil er sich nicht auf die vom Betriebsverfassungsrecht vorgeschriebenen Monatsgespräche beschränkte, sondern wöchentlich als Jour fixe-Termine mit dem Personalchef Inland stattfand, ergänzt durch monatliche Gespräche mit der Auslandspersonalchefin. Nicht immer war man hier sofort einer Meinung, aber immer konnten im Gespräch gute Wege für die Kolleg:innen gefunden werden.

Marcus Nicolini ist Dorper Gemeindemitglied und singt seit 2006 in der Dorper Kantorei.

Der Austausch mit der Personalabteilung war deshalb besonders erfolgreich, weil er sich nicht auf die vom Betriebsverfassungsrecht vorgeschriebenen Monatsgespräche beschränkte, sondern wöchentlich als Jour fixe-Termine mit dem Personalchef Inland stattfand, ergänzt durch monatliche Gespräche mit der Auslandspersonalchefin. Nicht immer war man hier sofort einer Meinung, aber in all den Jahren konnten im Gespräch immer gute Wege für die Kolleg:innen gefunden werden.

Im Frühjahr kandidiere ich für die kleine Mitarbeitervertretung (MAV). Diese und die Geschäftsleitung sind nach kirchlichem Personalrecht zu vertrauensvoller Zusammenarbeit verpflichtet. Auch hier bringt die MAV die Interessen und Perspektiven der Mitarbeiterschaft bei der Geschäftsleitung vor. Ich hoffe, dass auch weitere Dorper Gemeindemitglieder bei den kommenden Wahlen antreten und kandidieren.

Dr. Marcus Nicolini war von 2010 bis 2019 Betriebsrat der Konrad-Adenauer-Stiftung und arbeitet seit 2019 beim Ev. Studienwerk Villigst in Schwerte, einem von 13 Begabtenförderungswerken in Deutschland. Dort kandidiert er im Frühjahr für die MAV.