Wie Kirche Sterbenden und Angehörigen helfen kann.

Gespräche, Da-Sein und Aussegnung. Drei Fragen an Raphaela Demski-Galla.

Im zweiten Teil unseres Themenschwerpunkts aus Anlass des Deutschen Hospiztags am 14. Oktober haben wir die Dorper Pfarrerin befragt, welche Hilfe und Unterstützung in der Dorper Gemeinde möglich sind. – Teil I mit einem Interview mit Susanne Oehler, ehrenamtliche Sterbebegleiterin im Ambulanten Palliativen Hospiz Solingen (PHoS), finden Sie hier.

Wie hilft die Gemeinde Dorp sterbenden Menschen und ihren Angehörigen?

Raphaela Demski-Galla: Die Momente an den Grenzen des Lebens sind für Angehörige oft ganz aufwühlende Momente. Aber auch sehr intensive und bewegende. Auf der Suche nach Halt und Geborgenheit und nach Gestaltung dieses letzten Weges können Angehörige uns Pfarrerinnen und Pfarrer kontaktieren. Wir besuchen sterbende Menschen und ihre Angehörigen zu Hause oder im Pflegeheim oder im Krankenhaus. Wir beten, wir segnen, manchmal singen wir und wir bieten auch „Hausabendmahl“ an. Im Krankenhaus arbeiten wir eng mit den Klinikseelsorger:innen zusammen, die dort oft schneller vor Ort sind.
Manchmal ist der Weg des Sterbens sehr lang und manchmal auch unruhig. Da tut es manch einem, der als Angehöriger begleitet, auch gut, mit uns ins Gespräch zu kommen. Gedanken und Gefühle, Ängste und Sorgen, aber auch Hoffnung zu teilen. So gehören  seelsorgliche Gespräche mit Angehörigen zu unserem Dienst.

Und manchmal möchten sich Menschen schon einmal darauf vorbereiten, was kommen wird – zumindest auf das, was wir in der Hand haben. So gibt es schonmal die Momente, in denen uns Menschen Wünsche für ihre Beerdigung nennen. Sie erzählen uns, was ihnen wichtig ist für diesen Tag oder äußern Fragen, die ihr Leben lang offengeblieben sind.

Raphaela Demski-Galla ist Pfarrerin in der Gemeinde Dorp

Gibt es auch Hilfen, wenn ein Mensch verstorben ist?

Demski-Galla: Wenn Menschen versterben, unterbricht das alles. Wenn der Zeitpunkt gekommen ist, tut es manchmal gut, einen Moment inne zu halten. Oft dauert es noch eine Weile, bis der Bestatter da sein kann. Oder Angehörige brauchen noch etwas Zeit, um ihre Lieben gehen lassen zu können. Als Pfarrerinnen und Pfarrer bieten wir an, die Verstorbenen auszusegnen. Hinter diesem etwas technischen Begriff verbirgt sich ein persönlicher Segen für die gerade Verstorbenen, ein Kreuz auf die Stirn oder die Handfläche, ein Gebet, oft auch ein gemeinsames Vater Unser mit den anwesenden Angehörigen ist hier möglich. Gerade wenn Menschen zuhause versterben, können damit erste Schritte des Abschieds gestaltet werden.

Im Vorfeld der Beerdigung führen wir Gespräche, um über die Trauerfeier zu sprechen. In der Regel führt die erste Abstimmung über den Bestatter. Aber Angehörige können uns auch direkt kontaktieren. Das Gespräch zur Beerdigung führen wir immer selbst mit den Angehörigen – mit allen, die bei diesem Gespräch dabei sein sollen und wollen. Wir nehmen uns Zeit, um über die Ereignisse der

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Leben vor und hinter der Glasscheibe in der Dorper Kirche

der letzten Tage zu sprechen, und Erinnerungen aus einem ganzen Leben lebendig werden zu lassen. Die Angehörigen entscheiden selbst, was sie uns erzählen wollen. Oft erfahren wir viel Lebens-, Familien- und Zeitgeschichte. Es ist wichtig, dass deutlich werden kann, von wem wir hier Abschied nehmen. Wir als Pfarrerinnen und Pfarrer gehen mit, fangen auf und bieten die Perspektive des Glaubens an Gottes Ewigkeit an. In diesem Gespräch besprechen wir auch Ablauf und Gestaltungsmöglichkeiten der Trauerfeier und der Bestattung.
In der Notfallseelsorge begleiten fast alle Solinger Pfarrerinnen und Pfarrer Menschen in außergewöhnlichen Situationen beim plötzlichen Tod zu Hause, an einem Unfallort, bei Suizid oder an einem Tatort. Die Notfallseelsorge ist verbunden mit der Leitstelle der Feuerwehr. So haben Einsatzkräfte von Polizei und Rettungsdienst immer die Möglichkeit eine:n Seelsorger:in hinzuzurufen.

Warum macht ihr Seelsorgenden diese Arbeit?

Demski-Galla: Seelsorge lebt stark vom Zuspruch Jesu: „Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt.“ Sich allein zu fühlen in den dunklen Tälern des Lebens, macht diese Täler oft noch dunkler. Seelsorge begleitet, Seelsorge nimmt wahr und Seelsorge bietet für einen Moment Halt, der verloren gegangen ist. So geschieht sie immer aus dem Vertrauen heraus, selbst gehalten zu sein von dem, der Leben und Tod in seiner Hand hält. Sie geschieht getragen vom Glauben an Jesus Christus, der hingegangen ist zu denen, die Hilfe brauchten, und der sich nicht abgewandt hat.

„Gib niemanden verloren“, heißt es in unserem Ordinationsauftrag zur Pfarrerin/zum Pfarrer. Durch die Seelsorge versuchen wir Räume zu öffnen, in denen Menschen sich öffnen können. Das sind nicht immer leichte Momente, auch nicht für die Menschen, denen wir in der Seelsorge begegnen. Oft wird es hier tief. Und oft weint man auch gemeinsam. Und natürlich ist danach nicht einfach alles gut. Aber oft tut es gut, Ausdruck zu finden für das, was bewegt. Jemanden zu haben, der einfach nur da ist und aushält. Oft tut es gut, mit jemanden zusammen die nächsten Schritte zu ertasten.
In der Bibel steht: „All eure Sorgen werft auf ihn. Denn Gott sorgt für euch.“ In diesem entlastenden Vertrauen haben wir einen Blick für die Seele.

Die Fragen stellte Marcus Nicolini

Raphaela Demski-Galla

Demski-Galla, Nicolini